Das Konsortium
Zwei Minuten
später stehen Nona und Lana wieder in der Türe.
„Da ist noch was,
was uns interessieren würde“, sagt Nona atemlos, „Ist es nicht seltsam, dass
eine kriminelle Vereinigung ein Zeichen trägt, noch dazu so ein auffälliges an
einer Stelle, an der es jeder sehen kann?“
„Hat doch einige
Zeit gedauert bis ihr das bemerkt habt“, kann ich mir nicht verkneifen zu
sagen.
„Ja, ja schon
gut, das haben wir uns verdient, aber was hat es jetzt damit auf sich?“, lenkt
Lana ein.
„Nun, das ist da
das Perfide. Diese Vereinigung, die sich
selbst ‚Ceo-rugadh’. Das ist irisch und bedeutet so viel wie ‚Nebelgeborene’.
Dazu passend das Symbol des Pentagramms, so voll mit mystischen Konnotationen,
dass die Phantasie einen wohl weit trägt“, erkläre ich kurz, „Das heißt, es ist
alles ganz offiziell und so treffen sie sich offiziell in magischen Zirkeln.
Eine wahrhaft weltenthobene Sache, offenbar. Doch dazu kommen relativ weltliche
Aufnahmekriterien. Zunächst einmal muss der Werber über ein bestimmtes Vermögen
und ein gewisses regelmäßiges Einkommen verfügen. Dazu kommen die Fürsprache
von mindestens fünf Mitgliedern, die den Werber ein Jahr lang testen dürfen.
Das, was hinter geschlossenen Türen geschieht, das ist eine andere Sache. Weit
entfernt von jeglicher Mystik oder Magie betreiben sie beinharte Geschäfte, die
nicht unbedingt immer legal sind. Allerdings auch nicht unbedingt illegal. In
diesen Bereich begeben sie sich allerdings nur, wenn es unvermeidlich ist,
wobei die Grenzen leicht verschwimmen. Es handelt sich mittlerweile um ein
weltweites Netzwerk, das dank dieser offiziellen Geschäfte auch offen auftreten
und deren Mitglieder die Hotelrechnungen von der Steuer absetzen können – aber
das nur nebenbei. Wesentlich ist, dass sich jedes Mitglied für jedes andere
verpflichtet fühlt, ebenso stark, wenn nicht sogar noch stärker als für die
eigene Familie. Und so wie man auch die Familie gegen äußere Feinde schützt, so
auch die Gemeinschaft ihre Mitglieder und damit letztlich das Gesamte. Das was
ich gemacht habe war ein Angriff gegen die Gemeinschaft. Das wollten sie sich
nicht bieten lassen.“
„Ja, aber Du hast
doch nur ausgeplaudert, was doch alle Welt weiß“, meint Nona an.
„Wenn es nur das
gewesen wäre“, sage ich langsam, „Ich habe diese Informationen mit anderen
verknüpft. Vielleicht hat es auch genügt, dass ich überhaupt von ihnen sprach.
Ich bekam von einem der Mitglieder den Auftrag einen Angriff auf ihre Daten zu
verhindern und diese so zu schützen, dass es auf weiteres nicht möglich wäre
einen weiteren Angriff umzusetzen. Das tat ich. Vielleicht genügte es schon zu
erwähnen wer überhaupt mein Auftraggeber ist. Es scheint schon beinahe eine
Paranoia zu sein, so wie sie ihre Geheimnisse schützen, aber eines kann man
getrost sagen – gerade der Schritt in die Öffentlichkeit, dieses
Zur-Schau-Stellen, ist die beste Tarnung. Man muss der Welt einen Grund bieten,
und sei er noch so absurd – sie wird ihn schlucken.“
„Das stelle ich
auch immer wieder fest, dass das Offensichtlichste nicht in Erwägung gezogen
wird“, sagt Lana sinnend, „Alle halten sich für so super schlau und meinen nur,
dass ihre Meinung richtig ist. Alles was dem entgegen steht wird als unsinnig
abgetan, dabei sind sie die Engstirnigsten, die die anderen dessen beschuldigen
und nicht sehen, dass auch sie irren können. Vielleicht sehen sie nur zur
Hälfte hin, hören nicht bis zum Ende zu und sind dennoch mit ihrem Urteil schon
fertig. Präpotentes Pack!“
„Das ist der
Stoff, aus dem die wirklich guten Geschichten gemacht sind, aus der einfachen
Wahrheit, schlicht und einleuchtend“, stimmt Nona ihr zu.
„Wie viele
Missverständnisse könnten verhindert werden, wenn die Leute nur bereit wären
bis zum Ende zuzuhören“, sage ich seufzend.
Mein Blick
schweift zu Cora, die immer noch friedlich schlafend auf dem Kaminvorleger
liegt und als ich nochmals zur Tür sehe sind die beiden verschwunden, nun
wirklich unterwegs zum Flughafen.
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