Ein Leben nach dem Tot
Gespannt sehe ich
auf den Mann, der vorgibt mein Vater zu sein und jetzt wohl nach Worten sucht
sich zu erklären.
„Deine Mutter und
ich, wir führten wohl eine eher unkonventionelle Ehe. Ich weiß nicht wie gut Du
Dich erinnerst, aber Margrit hatte zwei große Leidenschaften in ihrem Leben,
ihre Arbeit und Dich“, beginnt er zu erzählen, während er mich zum ersten Mal
anlächelt, „Was uns verband war unsere Arbeit. Sie war bestrebt mit ihrer
Arbeit den Menschen zu helfen. Ich habe sie immer scherzhaft als moderne Marie
Curie bezeichnet, so sehr ging sie in diesem Wunsch auf. Ich will mich jetzt
gar nicht in Details verlieren was ihren Durchbruch betrifft, doch sie schaffte
es einen Pilz zu isolieren, der es ermöglicht hätte die Lebensmittelproduktion
in der dritten Welt, auch bei widrigsten Bedingungen, zu steigern. Allerdings
war ich federführend, respektive trat ich nach außen hin damit auf, denn sie
war letztendlich meine Assistentin. Leider wurde das Konsortium auf diese
Entdeckung aufmerksam, nicht zuletzt, weil sie einen unserer Mitarbeiter für
sich gewinnen konnten. Sie wussten sofort, dass daran jede Menge zu verdienen
wäre und schlugen mir einen Handel vor. Sie sollten das Patent übernehmen und
im Gegenzug würden wir für den Rest unseres Lebens keine finanziellen Sorgen
mehr haben. Deine Mutter war entsetzt und schlug es rundweg aus, ohne Wenn und
Aber. Ich war ganz ihrer Meinung. Als das Konsortium merkte, dass wir uns nicht
kaufen ließen, schlugen sie einen anderen Weg ein und wollten das Patent nun
mit Gewalt an sich reißen. Um Euch zu schützen, täuschte ich meinen Tot vor und
nahm alle Unterlagen mit. Ich hatte das Labor leergeräumt. Nichts mehr erinnerte
an diese Forschung. Offenbar war es mir gelungen alle zu überzeugen. Im Wrack
meines Autos fand man nichts mehr als meinen Finger. Alles andere war
verbrannt. Seitdem bin ich untergetaucht und hatte Euch im Auge, die ganze Zeit
über. Das Einzige was sie offenbar nicht glaubten war, dass Deine Mutter
einfach alle Unterlagen fahren hatte lassen. Sie bedrängten sie nach wie vor.
Und zuletzt gelang es ihnen sie mit einem unbekannten Krankheitserreger zu
vergiften. Ein völlig sinnloser Tot, denn die Unterlagen waren längst schon bei
einer NGO, die sie allerdings nicht einsetzten. Ich weiß bis heute nicht
warum.“
„Wahrscheinlich
weil es niemanden auf der Welt gibt, der nicht käuflich ist!“, werfe ich
grimmig ein, „Aber warum tauchst Du jetzt auf? Wärst Du doch geblieben wo Du
bist! Verdammt!“
„Das wollte ich
auch. Es geht auch gar nicht darum mein Bild von mir in Deinem Kopf umzudrehen.
Ganz abgesehen davon, dass es nach wie vor sehr riskant ist für Dich, wenn
jemand entdeckt, dass wir uns gesehen haben.“
„Das wird ja
immer Schöner!“, schießt es unerbittlich aus mir heraus, „Erst lässt Du Dich
jahrzehntelang nicht blicken. Dann tauchst Du einfach so auf, bloß um mir zu
erzählen, dass Du uns so großartig beschützt hast, dass es ein Leichtes war
meine Mutter zu ermorden, und dann bringst Du mich noch zusätzlich in Gefahr.
So stelle ich mir doch einen guten Vater vor!“
„Ich will Dich
warnen“, sagt er ruhig, ohne auf meine Vorhaltungen einzugehen, „Du hast Dich
auch mit den Burschen angelegt, ich weiß es, und planst jetzt das selbe, was
ich getan habe, doch ich wollte Dich vor diesem Schritt warnen. Ich weiß nicht
ob Du Dir im klaren darüber bist was das bedeutet. Natürlich, Du hast die
idealen Voraussetzungen. So ein Flugzeugabsturz ist wirklich eine optimale
Gelegenheit, aber ich würde es nicht noch einmal machen, und wenn dann nicht
so.“
„Und warum nicht?
Erklär mir was daran falsch sein soll!“, entgegne ich gereizt.
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