Fleischberge
Ich machte mich auf, wie jede Nacht, machte
mich auf zu meinem Steg, doch kurz bevor ich anlangte versperrte mir ein
ungeheurer Berg den Weg. Was das wohl war? Doch vor allem, woher war dieses
kolossale Ding gekommen, so plötzlich, denn gestern war es noch nicht
dagewesen? Eine kleine Gebirgslandschaft, dachte ich, und war im ersten Moment
froh, dass es nicht auf meinem Steg gelandet war, denn den hätte es unter sich
begraben. Satte, ausladende Hügelformationen, die sich aneinanderschmiegten, doch
sie waren nicht hart und steinig, sondern samtern weich und es lud ein sich
anzuschmiegen, und endlich bemerkte ich es, es war eine Frau, hingegossen auf
die Wiese, eine auf ihre Weise anmutige, im wahrsten Sinne des Wortes,
fleischliche Frau, mit ausladenden Brüsten, Ringen, gut gepolstert und herben
Schenkeln. „Immer kommen sie zu mir“, vernahm ich endlich ihre dröhnende
Stimme, „Sie kommen alle zu mir und wollen mich, nur mich, denn sie wissen,
dass ich klug bin. Du musst nämlich wissen, je klüger eine Frau, desto flacher
der Absatz ihrer Schuhe. Ich trage jetzt gar keine Schuhe mehr, weil ich so
klug bin.“ Und nebenbei schob sie sich Sachertorten, Nougatknödeln und
Kardinalschnitten in den Schlund. Es unterbrach ihre Rede nicht. Das ging
nebenbei. „Ich bin eine starke Frau“, sprach sie weiter, „Und Männer mögen
starke Frauen, die sie unterstützen, die sie tragen, die sie aushalten, und
dazu muss man schon ein wenig was auf den Rippen haben, nicht so wie die
zaundürren Luder in ihren hochhakigen Schuhen, die nichts im Kopf haben, und
auch im Bett nichts taugen. Ich tauge auf jedem Gebiet was. Ich bin klug und
ich bin stark und ich tauge was im Bett, nein, mehr, ich bin die Beste im Bett.
Ich nehme jeden, ganz gleich ob verheiratet oder liiert oder Single oder
verwitwet, alle haben einen Platz an meiner Brust.“ Und mit Entsetzen sah ich,
dass zwischen den gewaltigen Fleischmassen Arme, Beine und auch Köpfe
hervorschauten. „Dort hast Du sie versteckt?“, fragte ich die Gebirgsfrau. „Oh
ja“, und damit nahm sie einen davon heraus, schob ihn zwischen ihre Beine, und
er war verschwunden. Einige Minuten später spie sie ihn mit einem kleinen
Seufzer wieder aus. „Was für eine Vulva, bemerkenswert, ein richtiges Geschoss“,
musste ich zugeben. „Ja, das siehst Du richtig, und das an einer Frau mit all
diesen Vorzügen wie ich sie aufzuweisen habe“, bestätigte sie, „Willst Du es
auch mal ausprobieren?“ „Was für ein verlockendes Angebot“, musste ich
unumwunden eingestehen, „Doch ich möchte mich nicht vordrängen, da kommen noch
so viele vor mir dran.“ „Wie Du willst“, entgegnete sie leichthin, „Du musst
wissen worauf Du verzichtest bei einer Frau wie mir. Du darfst dabei nicht
vergessen, ich werde nicht lange da sein, und in meiner Art bin ich einzigartig
auf dieser Welt. Nie wieder wirst Du so eine Gelegenheit bekommen, mich nie
wieder so freigiebig finden.“ „Ja, man muss auch mit den Enttäuschungen im
Leben umgehen lernen“, antwortete ich und probierte mich an einem kleinen
Seufzer. „Aber weißt Du was, ich werde da bleiben. Es gefällt mir hier. Du
wirst noch einige Zeit meine Anwesenheit genießen dürfen, diesen wunderschönen
Anblick, und wer weiß, vielleicht bekommst Du noch einmal dieses Angebot, aber
nicht öfter als drei Mal. Wenn Du drei Mal Nein gesagt hast, hast Du Deine
Chance endgültig vertan“, sagte sie mit fester Überzeugung, und während ich mir
ausmalte, dass dieser Koloss von nun an meine Wiese belegen und meinen Ausblick
verstellen würde, während ich schon darüber nachdachte ob es nicht möglich wäre
irgendwo einen Kran zu besorgen um mich ihrer zu entledigen, da blähte sich die
Frau auf, immer mehr und mehr, und ich kam nicht mehr dazu weiter zu denken,
denn ich musste mich verstecken, irgendwo, falls sie platzte, und ich hatte
mich noch gerade bis zu den Burgmauern retten könnte, als ein gewaltiger Knall
ertönte, und ich mich am Boden neben meinem Bett wiederfand, endlich erwacht
aus diesem Alptraum.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen