2305 Fleischberge


Fleischberge


Ich machte mich auf, wie jede Nacht, machte mich auf zu meinem Steg, doch kurz bevor ich anlangte versperrte mir ein ungeheurer Berg den Weg. Was das wohl war? Doch vor allem, woher war dieses kolossale Ding gekommen, so plötzlich, denn gestern war es noch nicht dagewesen? Eine kleine Gebirgslandschaft, dachte ich, und war im ersten Moment froh, dass es nicht auf meinem Steg gelandet war, denn den hätte es unter sich begraben. Satte, ausladende Hügelformationen, die sich aneinanderschmiegten, doch sie waren nicht hart und steinig, sondern samtern weich und es lud ein sich anzuschmiegen, und endlich bemerkte ich es, es war eine Frau, hingegossen auf die Wiese, eine auf ihre Weise anmutige, im wahrsten Sinne des Wortes, fleischliche Frau, mit ausladenden Brüsten, Ringen, gut gepolstert und herben Schenkeln. „Immer kommen sie zu mir“, vernahm ich endlich ihre dröhnende Stimme, „Sie kommen alle zu mir und wollen mich, nur mich, denn sie wissen, dass ich klug bin. Du musst nämlich wissen, je klüger eine Frau, desto flacher der Absatz ihrer Schuhe. Ich trage jetzt gar keine Schuhe mehr, weil ich so klug bin.“ Und nebenbei schob sie sich Sachertorten, Nougatknödeln und Kardinalschnitten in den Schlund. Es unterbrach ihre Rede nicht. Das ging nebenbei. „Ich bin eine starke Frau“, sprach sie weiter, „Und Männer mögen starke Frauen, die sie unterstützen, die sie tragen, die sie aushalten, und dazu muss man schon ein wenig was auf den Rippen haben, nicht so wie die zaundürren Luder in ihren hochhakigen Schuhen, die nichts im Kopf haben, und auch im Bett nichts taugen. Ich tauge auf jedem Gebiet was. Ich bin klug und ich bin stark und ich tauge was im Bett, nein, mehr, ich bin die Beste im Bett. Ich nehme jeden, ganz gleich ob verheiratet oder liiert oder Single oder verwitwet, alle haben einen Platz an meiner Brust.“ Und mit Entsetzen sah ich, dass zwischen den gewaltigen Fleischmassen Arme, Beine und auch Köpfe hervorschauten. „Dort hast Du sie versteckt?“, fragte ich die Gebirgsfrau. „Oh ja“, und damit nahm sie einen davon heraus, schob ihn zwischen ihre Beine, und er war verschwunden. Einige Minuten später spie sie ihn mit einem kleinen Seufzer wieder aus. „Was für eine Vulva, bemerkenswert, ein richtiges Geschoss“, musste ich zugeben. „Ja, das siehst Du richtig, und das an einer Frau mit all diesen Vorzügen wie ich sie aufzuweisen habe“, bestätigte sie, „Willst Du es auch mal ausprobieren?“ „Was für ein verlockendes Angebot“, musste ich unumwunden eingestehen, „Doch ich möchte mich nicht vordrängen, da kommen noch so viele vor mir dran.“ „Wie Du willst“, entgegnete sie leichthin, „Du musst wissen worauf Du verzichtest bei einer Frau wie mir. Du darfst dabei nicht vergessen, ich werde nicht lange da sein, und in meiner Art bin ich einzigartig auf dieser Welt. Nie wieder wirst Du so eine Gelegenheit bekommen, mich nie wieder so freigiebig finden.“ „Ja, man muss auch mit den Enttäuschungen im Leben umgehen lernen“, antwortete ich und probierte mich an einem kleinen Seufzer. „Aber weißt Du was, ich werde da bleiben. Es gefällt mir hier. Du wirst noch einige Zeit meine Anwesenheit genießen dürfen, diesen wunderschönen Anblick, und wer weiß, vielleicht bekommst Du noch einmal dieses Angebot, aber nicht öfter als drei Mal. Wenn Du drei Mal Nein gesagt hast, hast Du Deine Chance endgültig vertan“, sagte sie mit fester Überzeugung, und während ich mir ausmalte, dass dieser Koloss von nun an meine Wiese belegen und meinen Ausblick verstellen würde, während ich schon darüber nachdachte ob es nicht möglich wäre irgendwo einen Kran zu besorgen um mich ihrer zu entledigen, da blähte sich die Frau auf, immer mehr und mehr, und ich kam nicht mehr dazu weiter zu denken, denn ich musste mich verstecken, irgendwo, falls sie platzte, und ich hatte mich noch gerade bis zu den Burgmauern retten könnte, als ein gewaltiger Knall ertönte, und ich mich am Boden neben meinem Bett wiederfand, endlich erwacht aus diesem Alptraum.

Keine Kommentare: