Die Einladung
Spontanität und Flexibilität, das waren Vorzüge, die ich mir
zurecht auf die Fahnen schreiben kann, doch als ich da saß, inmitten von fünf
anderen Frauen meines Alters, war ich doch nicht mehr so sicher ob das wirklich
eine gute Idee war in diesem Fall so spontan gehandelt zu haben. „Boy zum
Ausprobieren“, stand als Inserat in der Zeitung, „Wir suchen junge, unabhängige
Frauen, die Freude daran haben etwas Neues auszuprobieren. Bei Interesse kommen
Sie am Fr., den 13.03. um 13.00 zur Fa. Frauenversteher.“ Darauf folgten noch
die entsprechenden Kontaktdaten. Im ersten Moment dachte ich natürlich, dass es
sich um etwas Unanständiges handelt. Aber andererseits, wer nicht gewagt, der
nicht gewinnt, und es sah nicht nach einem Escort-Service oder ähnlichem aus.
Natürlich recherchierte ich über die Fa. Frauenversteher, deren Namen mich doch
ein wenig amüsierte, doch es stellte sich als viel banaler heraus, als es
anfangs klang, denn diese Firma war auf Artikel spezialisiert, die wirklich nur
für Frauen geeignet waren, vom Tampon angefangen bis hin zu diversen
Serviceangeboten wie Vermittlung von Frauenreise- oder Frauensportgruppen. Was
mich dann doch positiv überraschte war, dass in dieser Firma ausschließlich
Frauen beschäftigt waren, was dadurch möglich wurde, dass die Arbeitszeiten und
die Arbeitsumgebung frauen- und familienfreundlich gestaltet wurde. Natürlich
wurde dieser Firma wenig Erfolg vorhergesagt, doch trotz dieser Unkenrufe war
sie in den letzten zwei Jahren rasant gewachsen, und beschäftigte mittlerweile
250 Mitarbeiterinnen. Sehr beachtlich für ein Unternehmen, das mit einem
kleinen Büro mit anschließendem Verkaufslokal begonnen hatte, und nun eine
gesamte Forschungsabteilung ihr Eigen nennen konnte. Darüber hinaus muss
angemerkt werden, dass es sich bei der Stellenbesetzung keinesfalls um eine
sogenannte positive Diskriminierung handelte, was ja an sich schon ein
Widerspruch ist, sondern Männer wollten in dieser Firma gar nicht arbeiten, so
dass sich von vornherein nur Frauen bewarben, und die wenigen, die es dennoch
versucht hatten, hatten bereits nach kürzester Zeit wieder aufgegeben. Nicht
weil das Arbeitsklima schlecht gewesen wäre, sondern weil ihr Ansehen unter den
Geschlechtsgenossen litt, und es fand sich wohl kein Mann, der mit diesem
Stigma leben konnte. Gerüstet also mit all diesem Wissen, folgte ich dieser Aufforderung.. Nun saß ich also da,
bestückt mit Kaffee und Keksen, die mir die freundliche Sekretärin angeboten
hatte, inmitten von fünf anderen Bewerberinnen in einem schmucken Empfangssaal,
der zugleich auch als Ausstellungsraum für die vielfältigsten Produkte der Fa.
Frauenversteher diente, so dass niemand darum herum kam sich ein wenig mit dem
Sortiment vertraut zu machen, der eine gewisse Zeit in diesem Raum verbrachte.
Es wurde kein Wort gesprochen, außer den üblichen Begrüßungsformalitäten. Alle
schienen unter der selben Anspannung zu stehen, wie ich sie verspürte. Endlich
wurde die erste aufgerufen. Sie hielt sich knapp 20 min im Büro der Direktorin
auf, und als sie wieder herauskam wirkte sie äußerst heiter und vergnügt. Sie
unterließ es auch nicht uns anderen viel Spaß zu wünschen, bevor sie
beschwingten Schrittes den Empfangssaal verließ. Ich selbst kam als dritte an
die Reihe, nachdem sich diese Gemütsveränderung auch bei der zweiten Kandidatin
diagnostizieren ließ, war ich guter Dinge, als ich eintrat. Kurz musterte ich
das Büro der Direktorin. Es war hell und groß, dominiert von einem großen
Schreibtisch an der einen Seite und einem weitläufigen Besprechungstisch auf
der anderen, doch ich hielt mich nicht lange bei diesen Musterungen auf, denn
eine quirlige Frau mit kurzen blonden Haaren hielt mir lächelnd ihre Hand
entgegen, die ich ergriff.
„Grüß Gott, Frau Imbricht. Ich freue mich sehr, dass Sie
hier sind. Mein Name ist Landweg, Dana Landweg“, begrüßte sie mich.
„Ich freue mich hier zu sein und muss gestehen, ich bin
schon überaus neugierig“, antwortete ich, und setzte mich in den angebotenen
Stuhl direkt gegenüber von Frau Dana Landweg.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen