Boy mit Vorzügen
„Also, ich habe ja Deine komischen Forschungen über all die
Jahre unterstützt ...“, begann Mara Feringer, und ihre Stimme klang bemüht, um
Ruhe bemüht, doch da wurde sie bereits unterbrochen.
„Unterstützt? Du hast mich nicht nur nicht unterstützt, Du
hast mir auch bei jeder Gelegenheit spüren lassen was Du davon hältst, nämlich
nichts“, entgegnete Dana Landweg weniger bemüht, zumindest um Ruhe. Ihre Augen
schienen kleine Pfeile auf ihre Freundin und Mitstreiterin der ersten Stunde zu
schießen. Die kleine, puppenhaft wirkende Gestalt mit dem langen schwarzen Haar
und dem energischen Auftreten, das ihr wohl niemand zutraute, wenn er sie zum
ersten Mal sah, so zerbrechlich wie sie wirkte.
„Also schön, aber ich habe Dich zumindest gewähren lassen“,
entschied Mara Feringer in einem Ton, der Dana wissen ließ, dass ein weiteres
Widerwort wohl verheerende Folgen zeitigte, „Aber ich dachte während all der
Zeit, das sei nur eine Spielerei, ein Spleen von Dir. Doch jetzt willst Du
damit tatsächlich auf den Markt gehen? Hast Du Dir eigentlich überlegt was für
Konsequenzen aus diesem Schritt erwachsen könnten? Hast Du Dir eigentlich
irgendetwas dabei gedacht?“
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt die Bedürfnisse von Frauen
zu befriedigen, und nichts anderes tun wir. Du wirst sehen, das wird ein
Verkaufsschlager!“, zeigte sich Dana überzeugt.
„Du meinst also, dass irgendeine Frau bereit wäre für einen
Mann, nichts weiter als einen Mann etwas zu bezahlen, wo sie doch überall
welche umsonst bekommt?“, war Mara überzeugt.
„Das ist ja der Clou. Den Mann selbst gibt es umsonst, incl.
notwendiger Wartungsarbeiten und Updates. Übrigens ist es kein Mann, sondern
ein Boy“, erklärte Dana lächelnd.
„Und woran verdienen wir dann?“, schwenkte Mara sofort um.
„An der Nutzung“, entgegnete Dana, „Es funktioniert wie
jeder andere Münzapparat. Das Aufstellen ist kostenlos, nur den Strom muss der
Kunde selbst bezahlen, und die Münzen um den Boy in Betrieb zu nehmen, kaufen
sie bei uns, wahlweise auf Vorrat. Sobald er läuft verdienen wir.“
„Aber von so einem Boy wird doch mehr erwartet als von einem
Getränkeautomaten?“, zeigte sich Mara zwar nach wie vor skeptisch aber offenbar
endlich interessiert.
„Dieser Boy ist mit der hochwertigsten Technologie
ausgerüstet. Er lernt quasi im Umgang, und kann entsprechend reagieren. Seine
Sensoren funktionieren wie normale Sinnesorgane. Er sieht, hört und spürt, und
alles was er über die Sensoren aufnimmt wird abgespeichert und zugeordnet, so
dass es der Frau erscheinen muss wie ein normales Kennenlernen, nur mit dem
Unterschied, dass dieser Boy niemals unkonzentriert ist und niemals
desinteressiert. Er nimmt wirklich alles auf und speichert es, so dass sich mit
der Zeit ein komplettes Bild ergibt. Irgendwann weiß er so viel, dass er ihre
Wünsche erfüllen kann noch bevor sie sie ausspricht.“
„Und was kostet der Betrieb?“, fragte Mara weiter.
„Nun, es gibt drei verschiedene Münzen, zu einem, zu zwei
und zu fünf Euro. Pro einem Euro funktioniert er zehn Minuten lang. Die Frau
kann also selbst bestimmen wie lange sie sich mit ihm auseinandersetzen will.
Hat sie nur wenig Zeit und will Gesellschaft, z.B. beim Frühstück, so wirft sie
einen Euro ein, und wenn sie einen romantischen Abend mit ihm verbringen will,
so investiert sie auch mal zehn Euro. Nachdem ein durchschnittliches Paar, laut
Studien, rund 30 min am Tag miteinander verbringt, kostet sie das drei Euro pro
Tag. Weniger als sie für Essen investieren müsste. Und wenn sie einmal keine
Lust hat, dann lässt sie ihn einfach ausgeschaltet. Sie kann auch immer
wegfahren wann sie will, ohne zu sehen wo er unterkommt“, erklärte Dana,
sichtlich zufrieden mit sich selbst.
„Das klingt wirklich paradiesisch“, merkt Mara nachdenklich
an, „Doch wenn das wirklich stimmt, würde dann noch irgendwer einen normalen,
lebendigen Mann wollen?“
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