Die Einfachheit wiederfinden
Weihnachten wurde erwartet, ist gekommen und wieder
gegangen. Ich muss es gestehen, auch vor meiner Burg habe ich einen
Weihnachtsbaum geschmückt, eine lebendige, kleine Tanne – und wusste nicht zu
sagen warum. Bunte Kugeln und sanfte Lichter – jetzt schon fix fertig in
Plastik verpackt. Es gibt kaum was, was nicht käuflich wäre, und weil es kaum
etwas gibt, was nicht käuflich wäre, meinen wir auch alles kaufen zu müssen was
gekauft werden kann. Zumindest was das Fertige betrifft, doch sollte man
versuchen etwas Neues, Eigenes zu machen oder etwas zu reparieren, so wird es
schon schwierig. Einen ganz banalen Zipp, einen Knopf oder Stopfwolle, das ist
kaum aufzutreiben, und wenn, dann ist es so teuer, dass es wohl nicht lohnt.
Schmeiß es doch einfach weg, wird damit suggeriert, und wenn Du schon basteln
oder handarbeiten möchtest, dann sieh es als Hobby, Freizeitzeitvertreib, und
das kostet nun mal. Schmeiß es weg, so schnell wie möglich, und dann brauchst
Du etwas Neues. Und was ist mit den Müllbergen? Die versenken wir im Baikalsee
oder im Aralsee, wobei ja im Aralsee nicht mehr viel zu versenken ist, aber
zumindest kann das unschöne Loch damit gefüllt werden. Obendrauf kommt Erde, um
noch mehr Baumwolle anzubauen und noch mehr Pestizide zu verbrauchen. Wichtig
ist zu verbrauchen, und alles andere, nun, das geschieht außerhalb unseres
Zuständigkeitsbereiches, denn wir trennen den Müll, stellen ihn vor die
Haustüre und dann wird er abgeholt. Ab da wissen wir nichts mehr, weil wir es
nicht sehen. So einfach ist das. Aber, so frage ich mich, wenn wir konsumieren,
damit wir wieder konsumieren können, weil alles bald auf den Müll kommt. Nicht
nur, weil es kaputt ist, sondern weil es in unseren Augen nicht mehr schön ist,
oder entmodet, wie es so unschön heißt, oder weil wir einfach merken, dass wir
schon wieder etwas gekauft haben, was wir sowieso nicht brauchen, was
herumsteht und im Weg, und überhaupt keinen Sinn macht, was auch nichts macht,
denn die Mülltonne steht vor der Türe. Aber warum dann überhaupt kaufen?
So habe ich die Kugeln von meinem Weihnachtsbaum genommen,
und auch die Kerzen, habe sie verpackt und verschenkt, an jemanden, der vor der
Türe der Konsumtempeln stehen bleiben muss, weil er keine Eintrittskarte hat,
und an Stelle der Kugeln platzierte ich Vogelfutter, schöne fette Körner, unter
dem Baum Stroh und Salz und Mais, und wenn ich nun in der Dämmerung aus dem
Fenster sehe, so kann ich beobachten wie sich Rehe, manchmal auch ein Hirsch,
aber auf jeden Fall Wildschweine um den Baum scharen und das unverhoffte
zusätzliche Futterangebot gerne in Anspruch nehmen. Die Tiere schenken
blinkenden Kugeln und künstlichen Lichtern keine Aufmerksamkeit, weil es keinen
Wert für sie hat, aber dem Futter dem widmen sie sich, weil es für sie
existenziell ist. Natürlich hat der Mensch auch andere, als existenzielle
Bedürfnisse, doch über das Mehr und immer Mehr, das es zu konsumieren gilt,
vergisst er das Einzelne zu genießen, weil er keine Zeit mehr hat, denn
Konsumgüter erfordern unsere Zeit, und umso mehr wir davon haben, desto mehr
Zeit müssen wir investieren sie zu benutzen, und sei es nur, dass sie beim
Abstauben von einer Ecke in die andere gestellt werden. Doch Genuss bezieht
sich auf das Einzelne, auf den Moment, den wir leben und erleben.
Und so ist es an diesem ersten Januar, dass ich mir nichts
weiter angelegen sein lassen will als zu bleiben, in dem Moment. Wenn ich aus
dem Fenster sehe und die Tiere beobachte, wie sie sich am Futter gütlich tun,
dann sehe ich und freue mich daran, und wenn ich ein Buch lese, dann will ich
mich nicht ablenken lassen, und wenn ich bei Dir bin, dann möchte ich alles
andere bei Seite legen und nur bei Dir sein.
Ich wünsche Euch, jeden einzelnen Moment bleibend und in
seiner Einzigartigkeit lebend, genießen zu können. Aber vielleicht sollte man
auch hier klein anfangen, und in der Einfachheit die Schönheit, das
Geheimnisvolle und das Lebendige wiederfinden,
Eure Nyx
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