Vorbereitung
Erfüllt vom Heiligen
Geist, verließ Jesus die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage
lang in der Wüste umher, und dabei ward Jesus vom Teufel in Versuchung geführt.[1]
Es war an der Zeit. Drei Jahrzehnte hatte ich als normaler
Mensch unter normalen Menschen gelebt und war meiner Beschäftigung
nachgegangen. Ein Handwerk hatte ich erlernt und es ausgeführt. Ich war in die
Fußstapfen meines irdischen Vaters getreten, sorgte für meine Familie und mich.
Es war eine Zeit der Vorbereitung. Nur wer versteht kann auch etwas ändern. So
lernte ich das Leben der Menschen von Anfang an als ihresgleichen unter ihnen,
lernte ihre Sorgen und ihr Leid, aber auch ihr Glück und ihre Freude zu
verstehen. In aller Stille war es vor sich gegangen. Es ist nicht schwer sich
einzufinden in das Allgemeine, in die Beschaulichkeit eines Lebens ohne
Aufsehen und ohne Ecken und Kanten, das keinen Anlass gibt zur Klage oder
sozialem Missfallen. Einen Tag um den anderen. So wie es war. Mit aller Einfalt
und auch Stumpfheit. Man gewöhnt sich, vor allem an das immer wieder kehrende,
bis man meint, es ist so und wird auch niemals anders sein. inmitten der
Menschen, denen man sich zugehörig fühlt, inmitten der Aufgaben, die man zu
erfüllen hat. Man hat sich verpflichtet, den Menschen und den Aufgaben. Man hat
sich bereit erklärt diese zu übernehmen und auszufüllen, nach besten Kräften,
und diese Verpflichtung kann man zwar für sich selbst eingehen, aber entbinden kann
man sich nicht mehr selbst. Man kann nicht einfach fortgehen und alles liegen
und stehen lassen, die Menschen verlassen, die sich auf einen verließen. Wenn
man einen Platz einmal eingenommen hat, so hat man ihn gefälligst zu erfüllen,
bis zum Ende. Es gibt kein Wenn und kein Aber, keine Rechtfertigung, die stark
genug wäre um andere im Stich zu lassen. Alles war immer so, und alles musste
so bleiben. Doch es erging der Ruf an mich, das sanfte Wehen, das mich von
Anfang an begleitet hatte, das mich niemals verließ, das zeigte mir an, dass es
Zeit ward. Ich nahm Abschied vom Vertrauten. Ich nahm Abschied von den
Menschen, die ich meine Familie nannte und trat meinen Weg an. Es kann doch
nicht sein, dass er das einfach so macht, hieß es da, dass er seinen Platz
einfach verlässt und sich anderem zuwendet, doch ich tat es. Verstehend den Ruf
des verschwebenden Schweigens, das mich umwehte, das mich durchdrang. Doch ich
war erst am Anfang. Ich folgte, indem ich mich auslieferte, weg aus dem
Bisherigen, in die Einsamkeit der Wüste, vierzig Tage, zu reifen, mich zu
prüfen und zu erziehen, dass ich den Weg bewältigen könne, der noch vor mir
lag. Vierzig Tage, durchdrungen von der Stimme des verschwebenden Schweigens,
die da war, von Anbeginn der Zeit, die nun mit mir war und mich stärkte und
wappnete, die mich niemals allein ließ, und mich doch auf diese absolute
Einsamkeit vorbereitete. Der erste Schritt ist Vorbereitung auf das
Eigentliche, auf die Aufgabe, die mein Leben, mein Dasein bestimmte. Und als
ich bereit war, da trat der Verführer auf mich zu und versuchte sich daran mich
abzubringen von dieser Vorgabe, mich zu prüfen, ob die Zeit der Reifung Früchte
getragen hatte. Es war der Eintritt in den Weg der Unvorhersehbarkeit, einen
Weg, von dem ich nicht wusste wo er endet. Ganz anders als das Bisherige,
völlig entfernt meiner bisherigen Lebenswelt, und doch ausgezeichnet als der
meine, als der, der für mich Sinn machte. Am Anfang steht immer die Wüste,
Sinnbild für das Allernotwendigste und die Entfernung vom menschlichen Treiben
und Geschäftigkeit. Da wo es nichts gibt, das ablenkt und wohl auch nichts, das
einschränkt, war es mir bestimmt zu beginnen.
[1] Lk. 4,1-2a. Aus: Die Bibel in der
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Hg. von Interdiözesanen
Katechetischen Fonds. Verlag Österreichisches Katholisches Bibelwerk
Korneuburg.
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