2503 FastEndZeit (Teil 36):


Ankündigung


Ein andermal sagte Jesus zu ihnen: Ich gehe fort, und ihr werdet mich suchen, und ihr werdet in eurer Sünde sterben. Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht gelangen.[1]

Da war so viel Aufbruchsstimmung gewesen. Sicher, wir mussten uns vor der Obrigkeit verstecken und um unser Leben fürchten. Wie wenig doch genügt, die Herren, die die Macht in Händen halten nervös zu machen. Mit Gewalt würden sie sie verteidigen, doch wir waren zuversichtlich. Wenn Er uns leitete und uns Mut machte, dann würden immer mehr und mehr Menschen angesteckt werden, und was wollten die Mächtigen dann noch gegen uns ausrichten. Würden sie uns alle töten? Nein, das würden sie nicht wagen. Wir waren zu viele. Vielleicht würden sogar der eine oder andere von ihnen auf unsere Seite wechseln. Nicht alle sind verblendet. Es gibt auch unter ihnen welche, die es gut meinen mit den Menschen, die nachdenken über ihre Taten und die Richtung wechseln, wenn es notwendig ist, weil es das Richtige ist. Aber wir waren bereit. Nach der langen Zeit, die wir im Dunkeln herumirrten, da war Er gekommen, hatte uns verheißen, dass das Leben besser würde, dass wir uns nicht mehr unterwerfen müssten. Er versprach uns das Leben in Fülle, und wir vertrauen uns Ihm an. Egal wohin Er gegangen wäre, wir wären an Seiner Seite geblieben, denn es gab kein Zurück mehr, wenn man einmal die Freiheit erlebt hatte, wenn man sah, dass es auch anders gehen konnte. Wir hatten uns Ich anvertraut, und waren überzeugt, Er würde uns nicht enttäuschen, uns nicht im Stich lassen. Niemand von uns hatte je solch einen Zusammenschluss unter freien Menschen erlebt. Es war ein völlig neues Lebensgefühl, als wären wir neu geboren worden. Die Welt, alles erschien uns neu und unberührt. Nichts konnte uns passieren. Wir fühlten uns stark und unbesiegbar, doch nur mit Ihm, der uns leitete und führte. So hatten wir uns um Ihn versammelt zu jener Stunde. Ich stand ein wenig abseits, am Rande der Gruppe. Wir warteten darauf, dass Er zu uns sprach, uns weiterhin Mut machte, doch dann kündigte Er es uns an, dass Er fort ginge. Zuerst verstand ich nicht richtig. Er war schon öfter fortgegangen, hatte sich zurückgezogen, und jedes Mal kehrte Er zurück, doch diesmal war es anders. Er meinte, wir würden Ihn nicht finden, wenn wir Ihn suchten, wir würden Ihn nicht erreichen können. Es klang so endgültig. Sterben würden wir in unserer Sünde. Wie konnte Er nur? War es das gewesen, nach all den Entbehrungen und all den Anfeindungen, die wir um Seinetwillen erlitten hatten, würde Er einfach so weggehen, und uns alleine lassen, ganz ohne Aussicht. Er hatte uns vorgegaukelt, dass es anders werden würde, und dann würde Er uns verlassen, einfach so. Konnte das denn sein? Hatte ich das wirklich gehört, oder hatten mich meine Ohren getäuscht? War es derselbe, der uns aus unserem Elend geholt hatte, der dem Sünder verzieh und wieder mit hinein nahm in die Begegnung? War es derselbe, der in Seiner Liebe und Zuwendung so bedingungslos und ohne Vorurteile gewesen war? War das der Mensch, den wir kannten? Und ich verstand die Worte, aber nicht den Sinn. Ich verstand die Botschaft, aber nicht die Bestimmung. Er hatte uns alle hinters Licht geführt, hatte uns was vorgespielt, um uns dann nur noch tiefer ins Elend zu stürzen? Enttäuscht wendete ich mich ab. Niemals wieder würde ich jemandem vertrauen, der mir etwas Besseres versprach. Niemals wieder würde ich mich so in die Irre führen lassen, niemals mehr täuschen lassen, schwor ich mir. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein, mich auf den einzulassen? Ich senkte mein Haupt und verhüllte es, denn ich schämte mich vor der Welt. Und ich hatte den Platz schon fast verlassen, da hob ich die Augen nochmals und ich fand in fremde Augen. Bist Du Dir sicher, dass Du richtig handelst? schien sie mir zu sagen. Doch ich vermochte nicht zu antworten. Hatte ich vorschnell geurteilt?


[1] Joh. 8,21. Aus: Die Bibel in der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Hg. von Interdiözesanen Katechetischen Fonds. Verlag Österreichisches Katholisches Bibelwerk Korneuburg

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