2703 FastEndZeit (Teil 38):


Der Schleier ist zerrissen


Aber wenn ich sie vollbringe, dann glaubt wenigstens den Werken, wenn ihr mir nicht glaubt. Dann werdet ihr erkennen und einsehen, daß in mir der Vater ist und ich im Vater bin. Wieder wollten sie ihn festnehmen; er aber entzog sich ihrem Zugriff.[1]

Wie sollten sie auch jemandem beikommen, der nicht mit Gewalt und roher Stärke einbrach, sondern mit Sanftmut und Güte? Natürlich war da auch eine Wut, eine Wut gegen die Schändung des Tempels und die Unterdrückung freier Menschen, die Er beim Namen gerufen hatte, und die so schmählich darauf vergessen hatten. Seit Adam und Eva, war es so, und durch alle Wirrnisse der Geschichte hindurch, nahm Er es immer wieder auf sich, die Menschen, jeden Einzelnen anzusprechen, beim Namen zu nennen und damit in die Freiheit des Eigen-Seins zu geleiten. Immer wieder aufs Neue hat Er es gewagt. Immer wieder aufs Neue nahmen die Menschen es an, und vergaßen es wieder, rutschten zurück in die Bedeutungslosigkeit. Immer wieder erkor er Menschen die anderen daran zu erinnern, wohin sie sich wenden konnten, dass die Lebendigkeit Wahrheit werden würde, und ebenso oft haben sie es verraten, sich selbst verraten. An eine Bequemlichkeit. An ihre Unterwürfigkeit. An eine fragwürdige Autorität. Immer wieder begann es von vorne. Immer und immer und immer wieder. Seit der Mensch ward. Er gab nicht auf, und zuletzt, da sandte Er Ihn, das Wort selbst, das Fleisch geworden war, unter uns weilte, Fleischgewordene Namensnennung, Unwiderruflichkeit des Versprochenen und in uns Wirkenden, Unverweigerbarkeit des Lebendigen. Atem, der uns durchfließt, Blut, das uns mit Kraft versorgt, ewig unangetastet von denen, die es für sich beanspruchen und verbiegen wollten. Von Anfang an ward das Leben, ja noch vor dem Anfang war die reichste Quelle des Lebendigen. Und mit dem Lebendigen, nach dem Anfang, kam der Widersacher, und er fand immer wieder fruchtbaren Boden. Und der Widersacher war der, der die Begegnung unterband, der den Namen vergessen ließ, der die Menschen voneinander trennte, aufeinander hetzte. Aber auch Er wusste, dass der Mensch von Kleinglauben beseelt war, so dass Er all die Werke wirkte. Aber wer blind ist, wer nicht sehen will, den kann man nicht einmal damit überzeugen. Sie werden in ihrer Blindheit verbleiben, unzugänglich bleiben. Doch nicht nur, dass Er Wunder tut, Er behauptet auch noch, dass Er sie tut, weil Er im Vater ist und der Vater in Ihm. Das ist es, was sie hören. Nichts anderes können sie daraus verstehen, als dass seine Rede gotteslästerlich ist, dass Er sich etwas anmaßt, was Er nicht sein kann. Wie kleinkariert und begrenzt ihr Denken doch ist. Er wirkt und spricht – und doch genügte Seine Person, damit man die Wahrheit erkennt. Ein Blick in die Augen. Ein offenes Ohr für seine Worte. Das würde genügen, damit man weiß wer Er ist, doch so einfach es klingt, so schwer scheint es auszuführen zu sein, ist man erst einmal einzementiert in dem, was man für seine Wahrheit hält. Nichts wird sie je aus ihrer Bequemlichkeit herausreißen können. Aber sie haben Angst, um ihre Pfründe, um ihre Privilegien – schlagt ihn tot, liefert ihn der Gerichtsbarkeit aus, denn Er ist eine Bedrohung für uns. Wir wollen unseren Status erhalten, weiterhin die Menschen knechten und unterdrücken, doch Er steht uns im Weg. Er zeigt den Menschen, dass sie in Knechtschaft und Unterdrückung leben. Musste das denn sein? Sie hätten es nicht gemerkt. Sie hätten sich weiterhin ausnehmen und beherrschen lassen. So einer darf nicht leben. Er zerstört die gottgewollte Ordnung, die nur sie verstehen. Doch Er entkam, und ich ging mit Ihm.


[1] Joh. 10,38f. Aus: Die Bibel in der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Hg. von Interdiözesanen Katechetischen Fonds. Verlag Österreichisches Katholisches Bibelwerk Korneuburg

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