Und es funktioniert immer noch
Ich erwache, trotzdem ich die letzte Nacht kaum geschlafen
hatte. Botmäßiges und Unbotmäßiges hatte sich in meine Träume geschlichen und
hatte sie unruhig werden lassen, so wie meinen Schlaf, wobei ich dem
Unbotmäßigen nicht unbedingt den größeren Anteil zusprechen kann, wenn ich
aufschreckte. Es verteilte sich gleichmäßig. Gegen Träume kann man nichts
machen. Natürlich stimmt das nicht. Man kann. Nur ich nicht, weil ich nicht die
Kraft habe. Ich verbrauche sie dafür einschlafen zu können, und dann bleibt
nichts mehr übrig. Gestern, da hatte ich noch gut geschlafen. Ich versuche die
Gedanken wieder zu finden, die mich gestern schlafen ließen und vorgestern und
den Tag davor. Es gelingt mir sogar sie wiederzufinden, und kaum habe ich mich
darin eingerichtet, machen sie schon wieder jenen Platz, die mich nicht
einschlafen lassen. Unbarmherzig schreitet die Nacht voran.
Ich werde morgen nicht aufstehen können, gemahne ich mich,
und ich muss doch aufstehen und den Tag verbringen und leben und Dinge tun, all
die Dinge, die getan werden müssen und denen ich mich nicht entziehe, denn
selbst wenn ich es täte, so bliebe noch immer der Tag, den es zu verbringen
gilt. Es verbringt sich besser, wenn man weiß was man muss. Es beschäftigt den
Körper und zwingt mich sogar zur Konzentration, denn es genügt, wenn das
Unausweichliche wiederkommt, am Abend, in der Nacht. Doch ich höre nicht auf
mich und nicht auf mich in den Gedanken dort hinzubewegen. Es bringt auch
nichts, weil ich alleine nicht weiterkomme. Es geht ja nicht nur um mich, auch
wenn ich mich gänzlich verlassen fühle, könnte doch noch immer sein, dass es
nicht endgültig ist. Ich versuche mich an diese Hoffnung zu halten, doch ich
rutsche ab daran wie an einem nassen Strohhalm. Der heißt so, auch wenn er aus
Plastik ist und wenn das Plastik nass ist, dann rutsche ich daran ab und
versinke wieder. Dass ich es je geschafft haben sollte mich daran festzuhalten,
ja gar daran emporzuklettern, das verwundert mich immer wieder aufs Neue, doch
da war er nicht nass. Nehme ich an. Oder ist es wirklich die Freude und das
Glück, das Flügel verleiht. Alles andere funktioniert nicht. Das habe ich auch
nie geglaubt. Und plötzlich weiß ich es, es wird funktionieren, so wie es immer
funktioniert hat, selbst im größten Schmerz. Ich werde erwachen und mich aus
dem Bett erheben. Mein Blick fällt auf meine Füße. Tatsächlich, sie stehen.
Vorsichtig erhebe ich mich ganz, und seltsamer Weise tragen mich meine Füße
auch, wohl auch die Beine. Kein Einknicken. Ich stehe, und dann, ganz von
selbst, setze ich einen Fuß vor den anderen, auch das geht, ganz von selbst,
bringen mich dorthin, wo ich hin will oder auch muss. Es ist einerlei, dieses
Mal. Ich sehe mir zu, wenn meine Hände arbeiten. Auch sie verharren in Bewegung
und in Gleichmut. Es funktioniert, und fast schon glaube ich, dass es ein Tag
ist wie jeder andere, doch dann finde ich ihn wieder, den Schmerz, und ich sehe
mich im Wasser paddeln, ohne Halt, denn der Strohhalm ist mittlerweile nicht
nur nass, er ist auch eingeknickt. Das Wasser, in dem ich schwimme und worin
ich verzweifelt Halt suche, ist wie ein Glas, umgeben von glitschigen Wänden.
Es gibt nichts mehr woran ich mich festhalten könnte. Alles ist untergegangen.
Noch kämpfe ich an, gegen den Untergang, doch ich wünschte, dass meine Kräfte
mich endgültig verlassen. Dann werde ich noch eine Zeitlang auf der Oberfläche
treiben, doch auch das geht nicht ewig, nur bis ich das Bewegen gänzlich lassen
kann und untergehe. Dann wird alles still sein. Vielleicht ist es gut.
Vielleicht aber auch schmeißt Du mir ein Holzstück zu an dem ich mich
festhalten kann. Ich vermag nicht zu sagen, ob das gut oder schlecht ist. Es
könnte sein, dass es das Leiden nur verzögert, oder auch nicht. Für jetzt
funktioniert es immer noch.
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